Dass ein Gemälde genau in dem Zustand bleibt wie es auf die Welt kommt, muss nicht sein: Gar nicht so selten bleiben nur Teile oder Fragmente der Leinwand erhalten, die immer wieder Fragen aufwerfen. Genau diesem Thema ging eine Ausstellung im musée de Gajac à Villeneuve-sur-Lot nach. Häufig wurden diese Eingriffe von den Künstlern selbst vorgenommen.
Die Gründe dafür sind jedoch sehr unterschiedlich:
- “Wertschöpfung”: Rembrandt hat seine “Verschwörung von Claudius Civilis” von 1661 in viele Einzelteile zerschnitten, um diese besser verkaufen zu können.
- Unangebrachte Lagerung: Das “Déjeuner sur l’herbe” von Claude Monet (nach dem gleichnamigen Gemälde von Edouard Manet) mass ursprünglich gute 4×6 Meter. Nachdem Monet seine Miete nicht bezahlen konnte, überliess er das Gemälde seinem Vermieter als Pfand, der es im Keller aufbewahrte. Als der Künstler 1884 die Leinwand abholen wollte, war ein Teil verschimmelt. Der Künstler schnitt das Bild in drei Teile. Zwei sind nurmehr erhalten und befinden sich heute im Musée d’Orsay.
- Rätsel: “La Rêverie” von Maurice Réalier-Dumas hat ebenfalls eine Änderung erfahren: Das Bild wurde beschnitten und zeigt, dass es urprünglich drei junge Mädchen waren, die einem Tennispiel zugesehen hatten. Von diesem Trio übriggeblieben ist nur eine auf einer Bank sitzenden jungen Frau. Das Kuriosum dabei ist, dass der Künstler offensichtlich den Daumen, des hinter der Bank befindlichen Mädchen vergessen hatte, zu übermalen. Weshalb das so ist, weiss allerdings niemand. Mehr zur Ausstellung mit einem kleinen Video und weiteren Beispielen finden Sie im Artikel vom 17. 5. der der “Culturebox” von Francetv (Mit Fotos des letztgenannten Gemäldes).
Es wurden (und werden) natürlich auch nachträgliche Veränderungen von fremder Hand durchgeführt, selten zum Besten vom Werk:
- Was nicht passt, wird passend gemacht: Manche Sammler gehen wenig zimperlich mit ihren Werken um: Wenn das Bild nicht in den dafür vorgesehenen Rahmen passt, wird es passend gemacht und an den “notwenigen” Stellen beschnitten.
- Spätere “Wertschöpfung”: Veroneses 1563 für die Petrobelli Familie geschaffener Altar wurde im Jahr 1788 mehrfach zerteilt und die so erhaltenen Stücke einzeln verkauft. Das Gemälde, das ursprünglich in der Kirche San Francesco di Lendinaro bei Venedig hing, war wohl zur falschen Zeit am falschen Ort: Da der Orden der Franziskaner 1769 unterdrückt wurde und Kirche und Konvent verkauft wurden, sah man nicht nur keine Notwendigkeit das Werk zu erhalten, sondern wollte auch daraus den grösstmöglichen Profit herauschlagen. Die drei wichtigsten Teile befinden sich verstreut in Edinburgh, Ottawa und London. Der Kopf der zentralen Figur, des Erzengels Michael, wurde 2009 im Blanton Museum in Austin wiederentdeckt. Xavier F. Salomon hat zur Untersuchung dieses Altars 2009 eine Publikation herausgegeben.
So spannend diese Geschichten sein mögen: Gemälde 1) die durch äussere Eingriffe ihr Aussehen verändern oder sogar zu Fragmenten werden, erfahren häufig eine starke Wertminderung. Der Wert solcher Arbeiten richtet sich, abgesehen natürlich von der Bekanntheit des Künstlers 2), Seltenheit des Werkes nach deren Geschichte: Hat der Künstler die Veränderung selbst vorgenommen? Ist sie durch eine Beschädigung oder Fremdeinwirkung nachträglich entstanden? Und wie stark wurde das Werk verändert? Ein Ankauf solcher Arbeiten sollte man sich daher immer gut überlegen. Sonst bleibt von der Wertanlage nur der “Liebhaberwert”.
1) Natürlich nicht nur diese, sondern auch andere Kunstwerke wie Papierarbeiten, Skulpturen etc….
2) Die Frankfurter Allgmeinen Zeitung berichtet 2010 von einem Rubens Fragment aus dem Gemälde “Herodias und Salome mit dem Haupt des Johannes” dass in einem deutschen Auktionshaus auf 100 000 – 120 000 Euro geschätzt wurde. Ein weniger bekanntes Werk hätte es da schon deutlich schwerer.
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