Kennen Sie Florine Stettheimer?

Bis letzten November war mir Florine Stettheimer (1871-1944), eine New Yorker Künstlerin, die bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges mit Ihrer Familie in Deutschland lebte und viel in Europa reiste, kein Begriff.  Ihre Werke tauchen nicht auf dem Kunstmarkt auf und ihre letzte grosse Retrospektive fand 1995 im Whitney Museum of American Art statt. Die meisten ihrer Bilder befinden sich in Privatbesitz. Bis ich ihre Werke in der Ausstellung im Kunstbau des Lenbachhauses in München, die noch bis 4. Januar 2015 geht, entdeckte.

Zu ihrer Zeit war sie eine anerkannte Künstlerin, die sich mit den zeitgenössichen Strömungen in Europa und den U.S.A auseinandersetzte. Sie beschäftigte sich mit Matisse, Cezanne genauso wie mit Lovis Corinth oder Claude Monet. In jeder Stadt in der sie sich aufhielt, besuchte sie die aktuellen Ausstellungen oder nahm Unterricht. Das Lenbachhaus zeigt die Werke ab 1915, die zunhemend autobiographisch werden.  Ihre, nach dieser Zeit entstandenen meist grossformatigen Darstellungen, von Partys, Szenen aus dem Familienleben und Gesellschaften bekommen durch den Einsatz von eigenwilligen und kräftigen Farben, Leichtigkeit und Fröhlichkeit.

Wenn man in Florine Stettheimer nur die Malerin sieht, wird man ihr nicht gerecht: Die Künstlerin ist Allroundtalent und eine Meisterin der Inszenierung: Selbstentworfene Möbel, Dekorationsstücke wie die riesigen silberfarbenen Blüten, die man in der Ausstellung sieht, und die Verwendung von durchsichtigem Cellophan, ein völlig neues Material der 1920er Jahre, den sie grosszügig in ihrem Atelier und ihrer Wohnung als Vorhang drapiert, prägen ihren Einrichtungsstil. Nach der mässig erfolgreichen Einzelausstellung in der renommierten Galerie Knoedler 1916 in New York beschliesst sie, neben einzelnen kleinen Gruppenausstellungen, einem kleinen, handverlesenen, Kreis, zu ihren “parties” einzuladen, um diesen die neuen Werke zu zeigen. Zu diesen Anlässen gestaltete sie ihre Räumlichkeiten immer wieder neu. Die Kontakte hatte sie: Als Tochter einer Bankiersfamilie gehörte sie zur Amerikanischen Oberschicht und unterhielt mit ihrer Mutter und ihren Schwestern regelmässig einen Salon der Treffpunkt für viele Einwanderer war:  Mitglieder der Pariser Avantgarde, wie Marcel Duchamp oder Francis Picabia gehörten ebenso dazu wie Georgia O’Keeffe der Fotograf Alfred Stieglitz.  Den regelmässigen Anfragen von Galerien kam sie nie mehr nach. Marcel Duchamp organisierte im Museum of Modern Art eine letzte Retrospektive ihrer Werke.

Gut gelöst finde ich die Inszenierung mit den riesigen Cellophanvorhängen, von Bühnenbildnerin Kathrin Frosch, die die einzelnen Abschnitte der Ausstellung unterteilen. Beachtenswert sind auch die Originalrahmen, die die Künstlerin für jedes Bild individuell gestaltet. In vergrösserten Schwarz/weiss Fotos, sieht man die Arrangements von Bild, Rahmen, Vorhängen und Dekorationsstücken im sozusagen natürlichen Milieu. Sie machen die Ausstellung rund.

 

Florine Stettheimer verfügte, dass alle ihre Gemälde nach ihrem Ableben verbrannt werden sollen. Ihr letzte Wille wurde ignoriert: Zum Glück.

Vielleicht haben Sie noch Zeit, die Ausstellung zu besuchen. Wenn nicht: Der reich illustrierte Ausstellungskatalog mit zahlreichen Artikel zu Werk und Vita, und einer guten Bibliographie bietet auch danach die Möglichkeit die Künstlerin näher kennenzulernen.

Wo:

Städtische Galerie im Lenbachhaus

Kunstbau

Luisenstrasse 33

80333 München

www.lenbachhaus.de

Noch bis 4. Januar 2015

 

 

 

 

 

Und ein bisschen ist noch Zeit, um die Ausstellung zu besuchen. Ich kann es Ihnen nur empfehlen.

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